Pädiatrische Ethik und Soziales

Hintergrund

Die Bedeutung sozialer Determinanten für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat in der Entwicklung des Fachgebiets Kinderheilkunde bereits früh eine Rolle gespielt. Ausgehend von einer hohen Säuglingssterblichkeit erkannte man die Zusammenhänge zwischen den Lebensbedingungen und der Gesundheit von Kindern. Das Wissen über die Zusammenhänge von Krankheit und Umgebungsfaktoren hat sich seither vervielfacht. Trotz der stetigen Zunahme wissenschaftlicher Erkenntnisse und der Verbesserung der Lebensbedingungen seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind auch heute noch Risiko und Verlauf bestimmter Erkrankungen mit sozialen Faktoren korreliert. Unterschiede in den sozialen Lebensbedingungen von Kindern führen dazu, dass einige Kinder besonders vulnerabel sind. Diese sozialen Ungleichheiten und damit zusammenhängende Fragen einer gerechten Gesundheitsversorgung sind dabei unmittelbar mit ethischen Fragestellungen verbunden. Zuletzt hat die Corona-Pandemie die weitreichende Bedeutung sozialer und ethischer Aspekte für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen verdeutlicht.

Unsere Arbeitsgruppe widmet sich daher dem Ziel, Krankheit und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Kontext sozialer und ethischer Aspekte zu untersuchen und besser zu verstehen. Insbesondere geht es darum, wie besonders vulnerable Kinder und Jugendliche erkannt und besser geschützt werden können. Dazu gehört auch die Stärkung von Resilienzfaktoren, die Verminderung sozialer Ungleichheiten und die Förderung von Zugangsgerechtigkeit zu Gesundheitsleistungen. Dies betrifft sowohl die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen und seltenen Erkrankungen im Krankenhaus, als auch gesunde Kinder, die in zukünftigen Krisen eines besonderen Schutzes bedürfen. So ergibt sich durch gegenwärtige Herausforderungen und Krisen eine neue Dringlichkeit für Forschungsfragen zu ethischen und sozialen Aspekten von Kindergesundheit: Wie können besonders vulnerable Kinder und Familien erkannt und besser geschützt werden? Welche Resilienzfaktoren können auf individueller und systemischer Ebene gestärkt werden?

Aktuelle Forschungsprojekte unserer Arbeitsgruppe befassen sich daher mit den sozialen und ethischen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie sowie mit mehrdimensionalen, biopsychosozialen Konzepten von Vulnerabilität und Resilienz bei Kindern mit chronischen und seltenen Erkrankungen. Dabei können die Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie als Blaupause zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen und Krisen herangezogen werden.

Ansätze und Methoden

In unserer Forschung setzen wir in interdisziplinärer Zusammenarbeit eine Reihe von Methoden ein, darunter qualitative und gemischt sozio-empirische Ansätze, theoriegeleitete Analysen sowie quantitative, multivariable lineare und logistische Regressionsanalysen und Mediatoranalysen.

Auch das Konzept der Intersektionalität findet im Kontext sozialer Determinanten von Kindergesundheit Berücksichtigung, um so das Verständnis der komplexen Mechanismen des Zusammenwirkens der verschiedenen Faktoren sozialer Ungleichheit zu befördern.

Ein wesentliches Anliegen sind dabei partizipative Forschungsansätze, denn nur unter Einbezug von Kindern und Familien kann Forschung und die Entwicklung neuer Ansätze zur Förderung von Kindergesundheit gelingen. Damit streben wir in unseren Projekten aktiv die Partizipation von Kindern, Jugendlichen und Familien an.

Wo möglich, wird eine überregionale und interdisziplinäre Kooperation sowie eine translationale Ausrichtung in unsere Forschungskonzepte integriert.

Dr.--Weyersberg-Annic
Dr. Annic Weyersberg

Leiterin Pädiatrische Ethik & Soziales

Das Team

Dr. Simone Böhm-González
simone.boehm-gonzalez@uk-koeln.de

Laufende Projekte

Publikationen
  • Simone Teresa Böhm-González, Sarah Detemple, Jasmin Gruß, Angela Kribs, Astrid Berner-Rodoreda, Christoph Härtel, Jörg Dötsch, Annic Weyersberg: “A word that describes it well is ‘lonely’” – Experiencing preterm birth during the first COVID-19 lockdown in Germany: A qualitative study; Early Human Development, Volume 204; 2025; 106229, ISSN 0378-3782; https://doi.org/10.1016/j.earlhumdev.2025.106229.
  • Adam S. L. Graefe, Miriam R. Hübner, Filip Rehburg, Steffen Sander, Sophie A. I. Klopfenstein, Samer Alkarkoukly, Ana Grönke, Annic Weyersberg, Daniel Danis, Jana Zschüntzsch, Elisabeth F. Nyoungui, Susanna Wiegand, Peter Kühnen, Peter N. Robinson, Oya Beyan & Sylvia Thun. An ontology-based rare disease common data model harmonising international registries, FHIR, and Phenopackets. Sci Data 12, 234 (2025). https://doi.org/10.1038/s41597-025-04558-z
  • Ziemendorff, A., Böhm-González, S.T., Meireson, E., Weyers, S., Nawrot, T., Bijnens, E., Gielen, M., The moderating and mediating role of the placenta in the association between prenatal exposure to air pollutants and birth weight: A twin study, Environmental Research, https://doi.org/10.1016/j.envres.2025.120952.
  • Simone Teresa Bohm-Gonzalez, Sarah Detemple, Jasmin Gruß, Rosa Franke, Jorg Doetsch, Reinhard Berner, Christoph Hartel, Annic Weyersberg. Perspectives and involvement of children and adolescents during the decision-making process of their Covid-19 vaccination. Patient Education and Counseling 130 (2025) 108476. https://doi.org/10.1016/j.pec.2024.108476
  • Simone Teresa Bohm-Gonzalez, Alischa Ziemendorff, Eline Meireson, Steven Weyers, Tim Nawrot, Esm´ee Bijnens, Marij Gielen. Association between trimester-specific prenatal air pollution exposure and placental weight of twins. Placenta 154 (2024) 207–215. https://doi.org/10.1016/j.placenta.2024.07.309 
  • Weyersberg, A. Umgang mit dem Kindeswohl in der Coronapandemie. Monatsschr Kinderheilkd 171, 623–629 (2023). https://doi.org/10.1007/s00112-023-01784-w
  • Weyersberg, A.: Ökonomisierung in der Medizin: Problematische Folgen für die Kinder- und Jugendmedizin; Zeitschrift Frühe Kindheit der Dt. Liga für das Kind (https://fruehe-kindheit-online.de/?page=2&language=de&cat=c2_Einzelexemplare.html&cPath=8_2)
  • Flores-Rangel GA, Chapa-Azuela O, Rosales AJ, Roca-Vasquez C, Böhm-González ST. Quality of life in patients with background of iatrogenic bile duct injury. World J. Surg. 2018; 42: 2987–2991. https://doi.org/10.1007/s00268-018-4564-3. PMID: 29520485
  • Weyersberg, Annic; Roth, Bernd, Köstler, Ursula; Woopen, Christiane; “Pädiatrie: Gefangen zwischen Ethik und Ökonomie”; Dtsch Arztebl 2019; 116(37): A1586
  • Weyersberg, Annic; Roth, Bernd; Woopen, Christiane; “Pädiatrie: Folgen der Ökonomisierung Dtsch Arztebl 2018 115(9):A-382
  • Woopen, C; Weyersberg, A.: The vulnerability of the child is multidimensional. In: Ehrich, J: Corrard, Francois; De Santo, N.G. (Ed): This I think should have priority in child health care services. The personal philosopies of people involved in child health care. Hannover 2019, S. 167-169
  • Herold R, Weyersberg A, Saint Raimond A: „Better Medicines for Children“. In: Die Mitteilungen von GPOH und KPOH, eds Creutzig U, p4 doi:10.1591/poh.mitteilungen. 20070601.1
  • Welzing L, Harnischmacher U, Weyersberg A, Roth B. Consequences of the Directive 2001/20/EC for Investigator Initiated Trials in the Paediatric Population – A field report. Eur J Pediatr. 2007 Nov;166(11):1169-76. Epub 2007 Feb 27
  • Licht C, Weyersberg A, Heinen S, Stapenhorst L, Devenge J, Beck B, Waldherr R, Kirschfink M, Zipfel PF, Hoppe B. Successful Plasma Therapy for Atypical Hemolytic Uremic Syndrome (aHUS) caused by Factor H Deficiency Owing to a Novel Mutation in the Complement Cofactor Protein Domain15 Am J Kidney Dis. 2005Feb;45(2): 415-421

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