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AG Zelluläre Resilienzmechanismen und Molekulare Modulation
Der wissenschaftliche Fokus dieser Arbeitsgruppe liegt in der Erforschung genetischer, neurologischer und immunologischer Erkrankungen in Kindern und Jugendlichen. Hierbei untersuchen wir besonders den Erhalt und die Anpassung von Struktur und Funktion („Resilienz“) von Nerven- und Immunzellen durch den evolutionär konservierten Signalweg der Autophagie und den zugehörigen Mechanismen des intrazellulären Transports. Wir entwickeln hierbei translationale Ansätze zum Verständnis und zur Therapie in Zell- und Tiermodellen, die perspektivisch auf Menschen übertragen werden können.
Fokus: Autophagie und intrazellulärer Transport

Die Autophagie (griechisch: auto = selbst, phagos = verzehren) ist ein evolutionär hoch konservierter Signalweg für die Degradierung und Wiederverwertung von dysfunktionalem Zellmaterial. Die Makroautophagie (hiernach Autophagie) spielt eine zentrale Rolle bei erhöhtem Zellumsatz in kritischen Lebensphasen, wie die embryologische Entwicklung, perinatale Adaptation oder weitere Wachstums- und Alternsprozesse. Die Gruppe der Autophagie-assoziierten Erkrankungen (Autophagopathien) gehen mit angeborenen Störungen in der Infektionsverteidigung, metabolischen Homöostase und Qualitätskontrolle von Proteinen und Organellen einher, insbesondere in postmitotischem Gewebe wie Neuronen. Die paradigmatische Autophagopathie ist das EPG5-assoziierte Vici Syndrom mit neurologischer Entwicklungsstörung, schwerem kombiniertem Immundefekt und neurodegenerativen Verlaufsformen. Wir arbeiten hier an einer Reihe von Genen hinsichtlich ihrer Pathomechanismen und Genotyp-Phänotyp-Korrelation, z.B. WDR45, SNX14, LYST, RAB3GAP1, RUBCN und der AP3-Komplex (Abbildung 1).
Weitere Defekte im angrenzenden intrazellulären Transport zeigen ein ähnliches phänotypisches Spektrum von neurologischen und immunologischen Störungen mit alternsbezogenen Veränderungen im Krankheitsverlauf, z.B. bei DYNC1H1-assoziierten Störungen.
Der Fokus der translationalen Arbeit liegt auf dem Verständnis von grundlagenwissenschaftlichen Zusammenhängen bei Gesundheit und der Identifikation von Krankheitsmechanismen in Zell- und Tiermodellen, u.A. in humanen Fibroblasten und dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans. In Vorarbeiten konnten wir die biochemischen Grundlagen der defekten Autophagie in dieser Krankheitsgruppe zeigen. Außerdem konnten wir hier auch neue monogene Störungen im intrazellulären Transport hinsichtlich ihres Pathomechanismus etablieren.
Dafsari HS, […], Jungbluth H. An update on autophagy disorders. J Inherit Metab Dis. 2025 Jan;48(1):e12798. doi: 10.1002/jimd.12798.
Deneubourg C*, Salimi Dafsari H*, […], Fanto M. Epg5 links proteotoxic stress due to defective autophagic clearance and epileptogenesis in Drosophila and Vici syndrome patients. Autophagy. 2025 Feb;21(2):447-459. doi: 10.1080/15548627.2024.2405956.
Dafsari HS*, […], Baur F, Hentrich L, […], Jungbluth H*. Mutations in EPG5 are associated with a wide spectrum of neurodevelopmental and neurodegenerative disorders. medRxiv 2024.06.12.24308722; doi: 10.1101/2024.06.12.24308722.
Cuccurullo C, […], Salimi Dafsari H, Moller B, […], Coppola A. Clinical features and genotype-phenotype correlations in epilepsy patients with de novo DYNC1H1 variants. Epilepsia. 2024 Sep;65(9):2728-2750. doi: 10.1111/epi.18054.
Möller B, […], Dafsari HS. The expanding clinical and genetic spectrum of DYNC1H1-related disorders. Brain. 2025 Feb 3;148(2):597-612. doi: 10.1093/brain/awae183.
Möller B, Coppola A, Jungbluth H, Dafsari HS. DYNC1H1-Related Disorders. 2024 Mar 21. In: Adam MP, Feldman J, Mirzaa GM, Pagon RA, Wallace SE, Amemiya A, editors. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2025. PMID: 38513047.
Dafsari HS, […], Jungbluth H. EPG5-Related Disorder. 2022 Oct 13. In: Adam MP, Feldman J, Mirzaa GM, Pagon RA, Wallace SE, Amemiya A, editors. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2025. PMID: 36228046.
Dafsari HS*, […], Maroofian R. PI4K2A deficiency causes innate error in intracellular trafficking with developmental and epileptic-dyskinetic encephalopathy. Ann Clin Transl Neurol. 2022 Sep;9(9):1345-1358. doi: 10.1002/acn3.51634.
Klionsky DJ, […], Dafsari HS, […], Tong CK. Guidelines for the use and interpretation of assays for monitoring autophagy (4th edition)1. Autophagy. 2021 Jan;17(1):1-382. doi: 10.1080/15548627.2020.1797280.
Weitere Forschungsgebiete
In der Gruppe der seltenen Erkrankungen gelang zuletzt ein exponentieller Anstieg von genetischen Neuentdeckungen bei neurologischen Entwicklungsstörung durch die Einführung der Hochdurchsatz-Sequenzierung im klinischen Setting. Wir arbeiten hier mit Methoden der Exomsequenzierung an der Identifikation und Etablierung von diesen seltenen neurologischen Entwicklungsstörungen. Diese Arbeiten erstrecken sich auch über wissenschaftliche Netzwerke mit Kollaborationspartnern am University College London, UK, und am Boston Children‘s Hospital und an der University of San Diego, USA.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den PUF60-assoziierten Erkrankungen, wofür eine Orphanet-registrierte Spezialsprechstunde für Patienten und eine Studie über das Netzwerk ERN ITHACA laufen.
Ausgwählte Publikationen
Ha YJ, Nisal A, […]; Spina Bifida Sequencing Consortium; Kim S, Gleeson JG. The contribution of de novo coding mutations to meningomyelocele. Nature. 2025 Mar 26. doi: 10.1038/s41586-025-08676-x.
Nakamura Y, […], Dafsari HS, […], Saitoh S. Biallelic null variants in PNPLA8 cause microcephaly by reducing the number of basal radial glia. Brain. 2024 Nov 4;147(11):3949-3967. doi: 10.1093/brain/awae185.
Baum E, […], Dafsari HS. Novel Genetic and Phenotypic Expansion in Ameliorated PUF60-Related Disorders. Int J Mol Sci. 2024 Feb 8;25(4):2053. doi: 10.3390/ijms25042053.
Hentrich L, […], Dafsari HS. Novel Genetic and Phenotypic Expansion in GOSR2-Related Progressive Myoclonus Epilepsy. Genes (Basel). 2023 Sep 25;14(10):1860. doi: 10.3390/genes14101860.
Saffari A, […], Dafsari HS, […], Maroofian R. The clinical and genetic spectrum of autosomal-recessive TOR1A-related disorders. Brain. 2023 Aug 1;146(8):3273-3288. doi: 10.1093/brain/awad039.
Das Immunsystem spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung, Funktion und Regeneration des Nervensystems. Störungen in der Immunregulation können tiefgreifende Auswirkungen auf die neuronale Resilienz und Verteidigung gegenüber Erregern haben.
Angeborene Immundefekte können bereits in der frühen kindlichen Entwicklung zu neurologischen Beeinträchtigungen führen. Primäre Immundefekte (PID) sind monogene Störungen des Immunsystems, die häufig mit neuroinflammatorischen und neurodegenerativen Symptomen einhergehen. Wir arbeiten hier an u.A. an autophagolysosomalen Prozessen (LYST-assoziiertes Chediak-Higashi Syndrom) und der IL6-Signaltransduktion (LIFR-assoziiertes Stüve-Wiedemann Syndrom).
Erworbene entzündliche Erkrankungen entstehen durch eine gestörte Immunantwort gegen das zentrale Nervensystem (ZNS) entstehen. Im Laufe der Kindheit erworbene Immundysregulationen können ebenfalls zu inflammatorischen Neurodegeneration führen, z.B. bei MOGAD/MS-Spektrumkrankheiten oder Histiozytosen. Wir untersuchen hier akute parainfektiöse Erkrankungen wie die akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) bis zu postviralen Pathomechanismen von autoimmun-vermittelter Demyelinisierung des ZNS durch T-Zell- und B-Zell-getriebene Entzündungen.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf postvirale Syndrome mit chronischer Entzündung, Dysregulation des autonomen und zentralen Nervensystems und mitochondrialer Dysfunktion. Hierzu nehmen wir derzeit als Studienzentrum an zwei Projekten teil (PEDNET-LC und COVYOUTHdata, Förderung durch Bundesministerium für Gesundheit).
Ausgewählte Publikationen
Bernardi K, [...], Dafsari HS. Novel Clinical and Molecular Findings in Rare Histiocytotic Disorders May Mimic Inflammatory CNS Disorders. Neuropediatrics 2024; 55(S 01): S1-S25. doi: 10.1055/s-0044-1791901
Körner RW, Bansemir OY, Franke R, Sturm J, Dafsari HS. Atopy and Elevation of IgE, IgG3, and IgG4 May Be Risk Factors for Post COVID-19 Condition in Children and Adolescents. Children (Basel). 2023 Sep 25;10(10):1598. doi: 10.3390/children10101598.
Im Zuge der Identifikation der Pathomechanismen neurologischer Erkrankungen werden zunehmend Targets der Neuromodulation erkannt. Wir bieten bereits zugelassene molekulare Therapien auf Basis von Antisense Oligonukleotiden (ASOs) bei der Spinalen Muskelatrophie (SMA) im klinischen Setting des neuromuskulären Zentrums an der Kinderklinik an. Wir arbeiten derzeit an der stetigen Entwicklung von neuen ASOs für weitere Erkrankungen. Des Weiteren arbeiten wir auch an der Modulation von metabolischen Targets in dysfunktionalen Signalwegen mittels molekularer Therapie, z.B. Behandlung mit Vitamin B12/Cobalamin oder Vitamin B9/Folsäure.
Ausgewählte Publikationen
Cheerie D, […], Dafsari HS, […], Schober E, […], Lauffer MC; N=1 Collaborative. Consensus guidelines for assessing eligibility of pathogenic DNA variants for antisense oligonucleotide treatments. Am J Hum Genet. 2025 Mar 21:S0002-9297(25)00064-3. doi: 10.1016/j.ajhg.2025.02.017.
Vong KI, […]; Spina Bifida Sequencing Consortium‡; […], Gleeson JG. Risk of meningomyelocele mediated by the common 22q11.2 deletion. Science. 2024 May 3;384(6695):584-590. doi: 10.1126/science.adl1624.
Förderung
PEDNET-LC: Gesamtlaufzeit 2024 - 2028 (Bundesministerium für Gesundheit)
COVYOUTHdata: Gesamtlaufzeit 2025 - 2028 (Bundesministerium für Gesundheit)
Team
Emily Baum, cand. med.
Franciska Baur, Ärztin
Rosa Franke, cand. med.
Antonia Gehrckens, cand. med.
Lea Hentrich, cand. med.
Dr. Robert Körner, Studienarzt im Projekt PEDNET-LC
Birk Möller, cand. med.
Madeleine Schmidt, Ärztin
Helena Schönrade, cand. med.
Juliane Schuler, cand. med.
Julius Sturm, cand. med.
Marieke Toepffer, cand. med.
Lea Tollmann, cand. med.
Maxi Leona Wiese, Ärztin
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